Welche „Mega“-Trends uns in der Medienbranche 2024 erwarten werden

Wachstum und Stabilität hängen oft davon ab, die richtige Gelegenheit zur richtigen Zeit zu ergreifen und die sich ergebenden Chancen zu nutzen. Das langsam zu Ende gehende Jahr 2023 war in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Es gab viele dynamische Entwicklungen, unvorhersehbare Entscheidungen und bestehende Problemfelder – und wir stecken noch immer in der Orientierungs- und Anfangsphase von generativer KI. Mit diesem Artikel wollen wir bewusst ein paar Themenbereiche herausstellen, die unserer Meinung nach das Jahr 2024 weiterhin stark prägen werden, und wollen über Themen wie „Zukunft des Content“, „generative KI“ und „Employer Branding“ sprechen.

Das Jahr 2024 wird für die Medien- und Presselandschaft nicht weniger herausfordernd werden. Dabei sind es nicht nur technologische Herausforderungen, denen die Branche weiterhin gegenübersteht. Auch die bisherigen Problembereiche, z.B. die Zustellproblematik und die gestiegenen Kosten, sind keinesfalls gelöst.

Die Zukunft des Content

Die Bedeutung von Inhalten wird weiter zunehmen – insbesondere solche aus zuverlässigen und glaubwürdigen Quellen. Es ist nicht anzunehmen, dass sich die weltweite politische und wirtschaftliche Situation kurzfristig beruhigen wird. Umso mehr sind die Menschen deshalb auf qualitativ hochwertige Inhalte angewiesen. Aber es zeigte sich auch in der Vergangenheit, dass Menschen in unsicheren Zeiten oftmals zu unterhaltenden und zerstreuenden Medien tendieren, um aus der Alltagsrealität ausbrechen zu können. Der Begriff „Content Creation“ wird ein wichtiges Synonym dafür werden, Inhalte an den Bedürfnissen medialer Zielgruppen auszurichten und dabei die verschiedensten Ausgabekanäle zu bedienen.

Es wird für Medienschaffende immer essentieller, die Zielgruppen besser zu verstehen. Wer nutzt wann welche Medien, und vor allem auch: warum? Die Rezipientenmärkte werden immer differenzierter, was immer besser verstanden werden muss – eine große Herausforderung für die Marketingverantwortlichen.

Ein Punkt ist dabei auch die wachsende Bedeutung von Podcasts – im Jahr 2023 nutzten laut Statista immerhin 43 % der deutschsprachigen Bevölkerung das gar nicht mehr so neue Audioformat. Die damit bereits erreichten Werbeumsätze lagen 2022 bei immerhin 38 Millionen Euro (2021: 29 Mio. Euro). Die Topthemen unter Podcast-Nutzer:innen waren 2023 laut Bitkom: Nachrichten (69 %), Wirtschaft (57 %), Gesundheit und Medizin (57 %), Sport und Fitness (46 %) sowie Politik (43 %).

Generative KI wird Alltag

Es ist erst etwa ein Jahr vergangen, seit ChatGPT der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist. Mittlerweile gab es unzählige Webinare, Gesprächsrunden und vor allen Dingen konkrete Weiterentwicklungen von Anwendungen und Apps. In der Verlagsbranche scheint sich eine Haltung abzuzeichnen, dass generative KI in Form von Assistenzsystemen zum Alltag gehören wird. Überall dort, wo Routineaufgaben und zeitfressende Tätigkeiten vereinfacht werden können, ist ein Einsatz denkbar und wahrscheinlich. Dass in Redaktionen auf menschliche Journalist:innen verzichtet werden soll, zeichnet sich  – Gott sei Dank – bisher nicht ab.

Doch unter dem generellen Begriff „generative KI“ sind auch verschiedene Entwicklungen zu beobachten. Ein Trend in der generativen KI zeichnet sich bei der Suche nach Inhalten ab. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Suchanfrage, beispielsweise bei Google, kaum verändert. Nutzer:innen formulieren knappe Anweisungen und erhalten eine Liste mit mehr oder weniger relevanten Links. Durch die Weiterentwicklung der Suche in Richtung intuitive Formulierungen wird sich nicht nur für den Endverbraucher eine Veränderung ergeben, sondern auch für Werbetreibende. Zukünftige Anwendungen werden einfach Wettbewerbsinformationen sammeln können, eine große Anzahl von Anzeigenvariationen erstellen und die Keyword-Optimierung unterstützen. Chatbots werden dabei eine wichtige Schnittstelle sein und eine Renaissance erfahren, nachdem sie seit 2018 fast wieder verschwunden waren. Dieser Trend kann auch von Zeitungsverlagen genutzt werden, um z.B. Werbekunden effizient zu beraten.

Auch bei der Visualisierung wird generative KI zukünftig unterstützen können. Bei der Gestaltung von Bildern und Grafiken werden die Algorithmen Ideen und Anregungen liefern. Freilich muss die Frage nach den Bildrechten noch abschließend von den Juristen geklärt werden, aber mit einer größeren Vielfalt dürfte dennoch zu rechnen sein.

Die großen Techkonzerne sind jedenfalls dabei, KI-gesteuerte Lösungen einzuführen, um Werbekampagnen zu optimieren. Meta Advantage+ ermöglicht es Werbetreibenden beispielsweise, eine Vielzahl von Bildern und Texten hochzuladen, die dann von einer KI unterstützt ausgespielt werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Conversion-Rates z.T. um 20 % steigern lassen. Google plant, 2024 das „Product Studio“ weltweit einzuführen. Es zielt darauf ab, Marken die Möglichkeit zu geben, benutzerdefinierte Szenen in ihren Produktbildern automatisch erstellen zu lassen, indem Angaben wie „umgeben von Palmen, mit tropischem Sandstrand im Hintergrund“ gemacht werden.

Mit wem gehen wir in die Zukunft?

Bei allen technischen Herausforderungen und der Dynamik der sich verändernden Märkte wird eine Frage auch das kommende Jahr begleiten: Wo finden wir die zukünftigen Arbeitnehmer:innen, die in der Verlagsbranche arbeiten wollen? Eine Untersuchung von Prof. Christof Seeger an der Hochschule der Medien gibt an einigen Punkten Anlass zur Sorge. Über 160 Studierende einschlägiger Studiengänge zu Medien, Journalismus und Kommunikationswissenschaften wurden zu ihrer zukünftigen Vorstellung eines Arbeitgebers befragt. Auch wenn es sich dabei ausschließlich um Studierende handelt, hat die Studie ein paar zentrale Punkte zu Tage gefördert, die den Bereich des Employer Branding betreffen. Gerade das Image eines Arbeitgebers oder einer Branche darf dabei nicht unterschätzt werden. Derzeit scheint es für viele Studierende aus den untersuchten Studiengängen attraktiver zu sein, in der Unternehmenskommunikationsabteilung eines Industrieunternehmens oder im Bereich des Corporate Publishing tätig zu werden, als in einem Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag. Dass sogar noch die Selbstständigkeit als attraktiver angegeben wurde, sollte aufhorchen lassen.

Es wird sich zu einer zentralen Aufgabe entwickeln, junge Menschen mit marktfähigen Arbeitsverhältnissen in einer „New Work“-Welt, die von Remote-Arbeit, wertschätzender Führung, aber auch einer persönlichen Förderung geprägt ist, von der Branche überzeugen zu können.

Ohne frische Perspektiven und Innovationspotenzial einer jüngeren Generation werden die Anforderungen an die Branche kaum zu meistern sein. Deshalb ist ein weiterer wichtiger Trend, die Attraktivität und das Zukunftspotenzial der Pressebranche positiv darzustellen und zu kommunizieren. Eine Aufgabe für die Branche insgesamt, aber auch für jedes einzelne Medienhaus.